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Preisträger Nikolai Bause

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Nikolai Bause, Klasse 7, Gymnasium Carolinum Neustrelitz

Vom Kupferstecher zum Youtuber

Alte Berufe sterben aus, neue entstehen. Einer meiner Vorfahren war Kupferstecher. Mit einem Grabstichel, so hieß das Handwerksgerät, entfernte er Material aus einer Kupferplatte, deren Vertiefungen im Anschluss mit Farbe geflulit wurden. Mit der Erfindung der Lithografie war es dann vorbei mit diesem Handwerk. Stein war günstiger als Kupfer und ließ sich auch noch besser bearbeiten. Ich weiß nicht, ob mein Urururgroßvater den Sprung ins ,,Steinzeitalter” geschafft hätte. Aber da war der ja auch schon tot.

Von anderen ausgestorbenen Berufen kenne ich nur noch die Familiennamen: Böttcher, Meier oder Wagner. Ein Freund meiner Eltern heißt Schödlbauer, das ist jemand, der aus dem Schädel eines Tieres eine Maßeinheit hergestellt hat. Wenn ich so sehe, wie viele Berufe aussterben, weil ständig etwas Neues erfunden wird, ist es gar nicht einfach einen Beruf zu finden, den ich mein ganzes Leben lang machen kann.

Meine Eltern haben mir erzählt, dass ich zuerst Minibagger werden wollte. Also nicht Baggerführer, sondern wirklich der Bagger selbst. Ähnlich unmöglich war es dann mit meinem nächsten Berufswunsch. Es ist mir ja ein bisschen peinlich, aber mit vier Jahren wollte ich dann keine Maschine mehr sein, sondern ein Tier, nämlich ein Polizeihund. Danach wollte ich schon ein richtiger Mensch sein — ein Polizist. Das ist sicher ein Beruf, den es immer geben wird, aber im Moment habe ich ganz andere Ideen. Im Moment fasziniert mich nämlich ein Beruf, den es noch gar nicht so lange gibt: Richtig cool wäre es, wenn ich Youtuber werden könnte. Daran arbeite ich zurzeit. Meine ersten Videos stehen bereits in meinem eigenen Kanal im Netz und es gibt schon etliche Follower. Aber natürlich noch nicht so viele, dass ich davon leben könnte. Denn mir ist schon klar, dass man von seinem Beruf auch leben können muss. DNER oder ConCrafter, meine Stars von MINECRAFT, haben Millionen Abonnenten. Weil sie so viele Follower haben, schaltet YOUTUBE Werbung und bei jedem Klick kassieren die Youtuber richtig Geld. Das geht so: Der Youtuber macht ein Video und stellt es ins Netz. Die Zuschauer, die sich den Film angucken, werden gezählt. Pro Klick verdient man eine bestimmte Summe, die sich nach Klicks und Abonnenten berechnet. PewDiePie, der größte Youtuber der Welt, hat 55 Millionen Abonnenten. Der größte deutsche Youtube-Kanal hat dagegen nur ca. 5 Millionen Abonnenten und heißt Freekickers, weil er eigentlich ein Fußballkanal ist. Und auch diese 5 Millionen hat er nur, weil er viel Fußball zeigt und alles auf Englisch untertitelt wird. Mit der deutschen Sprache hat man es international natürlich  schwerer; Englisch verstehen viel mehr Menschen auf der Welt. Ich habe also zwei Möglichkeiten: Entweder mache ich auf Englisch weiter, aber da kann ich mich noch nicht so gut ausdrücken. Oder aber ich beschränke mich auf das deutschsprachige Publikum, erreiche aber viel weniger Interessenten. Mir ist noch nie so sehr aufgefallen, wie wichtig Sprache ist.

Sonst machen die Youtuber eigentlich das, was ich auch am liebsten mache — Computerspielen. Sie verreisen auch viel und filmen ihre Reisen und laden sie hoch. Insofern ist es doch logisch, dass ich das zu meinem Beruf machen will, was mir am meisten Spaß macht und bestimmt auch noch Zukunft hat. Ich gehe mal davon aus, dass Youtube in den nächsten 50 Jahren in irgendeiner Form weiterbestehen wird — schon allein, weil Youtube zu Google gehört und Google gigantisch ist.

Aber einfach ist der Beruf eines Youtubers auch nicht. Man muss ständig etwas ins Netz stellen, aufnehmen, schneiden, hochladen. Wenn man eine Woche nichts macht, denken die Leute, dass man gestorben ist. Aber selbst, wenn man die coolsten Sachen erfindet und filmt, die anderen laden und posten auch. Denn die Konkurrenz ist groß. Deshalb ist es wichtig, dass man ständig coole Sachen macht. Mein Idol DNER fährt zum Beispiel mit dem Longboard quer durch Deutschland, von Köln nach Berlin und so. Das ist enorm anstrengend und auch nicht ungefährlich. Mehrmals waren seine Schuhsohlen weggebrannt, so sehr musste er bremsen, um das Board zum Stehen zu bringen. Da wäre es zum Beispiel eine tolle Geschäftsidee, Turnschuhe mit starken Abriebspuren im eigenen Internetshop anzubieten; etwa als „CBS” (completely burnt shoes), die treuesten Fans kaufen da ja sogar T-Shirts für 40 Euro mit dem Logo ihrer Stars. Die großen Youtuber haben nämlich alle einen eigenen Internetshop, in dem sie selbst kreierte Kleidung anbieten. Damit verdienen sie auch noch mal eine Menge Geld. Das mit den Schuhen ist jetzt meine Idee, die ist mir gerade beim Schreiben eingefallen. Kaputte Jeans kaufen die Leute zurzeit ja auch.

Es ist wirklich alles gar nicht so einfach. Aber zumindest ist mir beim Schreiben klar geworden, dass sich aus jeder Idee immer gleich eine neue entwickelt - mindestens eine. Das macht mir Hoffnung darauf, dass mir schon irgendetwas einfallen wird, was ich machen könnte. Die ursprüngliche Idee gerät dann oft gleich wieder in Vergessenheit. ist das nicht ähnlich wie bei den ausgestorbenen Berufen?

Kupferstecher gibt es heute fast keine mehr, dafür hat jeder ein Handy und fotografiert unentwegt. Statt Bilder zu stechen, schießen die Leute heute welche. Es bleibt gefährlich...
Zum Glück habe ich ja auch noch etwas Zeit mit der Berufswahl.