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Fördernde Anerkennung für Moritz König

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Moritz König, Klasse 11, Gymnasium carolinum Neustrelitz

Auch mal ohne Display

Seit meinen Kindertagen bin ich mit der Technologie der Neuzeit groß geworden und Erfindungen wie der Computer oder das Handy gehören längst zum Alltag. Man kann sich ein Leben ohne sie schon gar nicht mehr vorstellen. Oft wird unsere Generation daher auch die Generation des Internets genannt.

Gerade in den letzten Jahren bemerkte ich jedoch immer mehr und immer öfter, wie stark manche meiner Mitmenschen vom Bann des Smartphones gepackt sind. Jedes Mal, wenn das kleine Technikwunder sich bemerkbar macht, wird sofort geprüft, was gesendet worden ist. Man beobachtet dieses Verhalten überall, ob in der Hofpause an der Schule, in der S- oder U-Bahn, im Warteraum beim Arzt oder sogar bei Familienfesten und beim Abendessen bei Freunden.

Mittlerweile sind es nicht nur die Jugendlichen, die nicht mehr auf die kleinen Gefährten verzichten können, sondern auch Erwachsene scheinen vom Trend gepackt zu sein. In den Arbeitspausen wird wohl nicht mehr so viel getratscht wie früher, jedoch öfter Facebook oder WhatsApp ,,gecheckt”. Selbst ich war bis zu diesem Sommer viel zu oft in der virtuellen Welt gefangen. Das Computerspiel am Rechner oder das stundenlange chatten und surfen am Handy waren ein gängiger Zeitvertrieb.

Doch, wie mit so vielem anderen auch, öffnete mir mein Auslandsaufenthalt hier die Augen und ich begann, über Sinn und Unsinn dieses neuen Phänomens unserer heutigen Gesellschaft und meiner selbst nachzudenken.

Ich stellte mir die Frage, was passiert, wenn man einen Teil der investierten Zeit in andere Tätigkeiten steckte. Es ist faszinierend und zum Erstaunen, wohin mich mein kleines Selbstexperiment geführt hat und deshalb möchte ich meine Erkenntnis und meinen Gedankengang mit Ihnen teilen.

Um das eben genannte Problem noch einmal mit Fakten zu untermalen, kann man einfach eine der vielen Studien aufgreifen, welche es zu diesem Thema gibt. News.de berichtet beispielsweise von rund 280 Millionen Menschen, die weltweit ,,handysüchtig” sind und mehr als 60-mal am Tag ihr Handy auf Neuigkeiten überprüfen. Damit hat sich die Zahl der „Abhängigen” um 60% zum Vorjahr erhöht. Die FAZ schreibt von einer Studie von 500 Acht- bis Zwölfjährigen, von denen knapp jeder Zehnte als ,,süchtig” gilt und rund die Hälfte zugibt, dass die kleinen Begleiter sie beim Lernen und Hausaufgaben machen hindern. Das Problem ist demnach nicht zu unterschätzen. Und außerdem, wer kennt es nicht, wenn man in einer unwohlen Situation mal nicht recht weiter weiß, greifen viele Leute schnell zum kleinen Freund, um sich noch kleiner dahinter zu verstecken.

Der Denkanstoß zu meiner neuen Sicht Ist zum Teil auch meiner Mutter geschuldet, welche mich sehr oft mit den Worten ermahnte: „Wenn du die Zeit, die du in deine Computerspiele steckst, nutzen würdest, um auf deinem Instrument zu üben, würdest du viel mehr davon haben!”. Und mit der neuen Lebenserkenntnis, dass es okay ist, als Jugendlicher doch ab und an auf seine Eltern zu hören, fing ich an, meinen Alltag umzugestalten.

Als Allererstes begann ich, mehr auf mein Umfeld einzugehen. Ich redete ausführlicher mit meinen Mitmenschen und es Ist einfach wunderbar, wie schnell sich durch banales Kommunizieren Beziehungen zu Freunden und Familie verbessern können. Zum Beispiel bemerkte ich, dass ein guter Schulkamerad und ich doch wieder sehr viele gemeinsame Ansichten und Hobbys haben, nachdem wir uns einige Jahre nur schlecht verstanden haben. Auch mit meinem Onkel komme ich wieder immer besser klar, wo ich ihn doch bis vor kurzem immer als eine sehr anstrengende Person wahrgenommen hatte. Erst dadurch wird einem bewusst, was man mit einfacher Kommunikation alles ausrichten kann. Schon alleine das höfliche Grüßen der Reinigungskräfte in der Schule, anstatt stumm aufs Telefon zu gucken, an ihnen vorbei zu schleichen, kann in unserer heutigen Welt Türen öffnen.

Die nächste Erkenntnis, die ich machen durfte, ist tatsächlich, dass meine Mutter Recht hatte. Es ist atemberaubend, wie schnell man neue Fertigkeiten erlernt, wenn man regelmäßig an etwas übt.

Dabei reicht es oft schon, für 15 Minuten konzentriert zu lernen oder zu trainieren, dafür aber täglich. Ich möchte dabei nur am Rande erwähnen, dass ein renommiertes Buch beschreibt, dass  bereits 20 Stunden von einem Lernprozess dieser Art ausreichen, um neue klar definierte Fertigkeit zu erlernen, wie zum Beispiel die Grundlagen des Surfen zu beherrschen. Das ist jedoch nicht das Ausschlaggebende für diese Idee, sondern viel mehr das, was man mit diesen neu erlernten Fähigkeiten alles anstellen kann und die Möglichkeiten, welche sich einem eröffnen.

Zum Beispiel könnte man anfangen Gitarre spielen zu lernen. Wenn man sich dann in der Musikschule oder beim Musiklehrer in der Schule erkundigt oder sich selbst einmal umschaut, sollte es nicht schwerfallen, Gleichaltrige zu finden, welche auch Spaß am Musizieren haben. Man könnte anfangen, in einer Band zu spielen oder gar in einem Orchester, je nach Instrument. Wenn ich nur an einige musikalische Events aus unserer Region denke, würde ich jedem sagen, dass, wenn er erst einmal mitgemacht hat, er gar nicht mehr aufhören will. Aus ein paar Stunden weniger ,,Daddeln”, könnte ein wunderbares neues Hobby entstehen und neue tolle Freundschaften geschaffen werden.

Ein Musikinstrument zu erlernen ist natürlich mit einigen Kosten verbunden, aber es gibt ja auch endlos viele andere Möglichkeiten. Man kann in einen Sportverein eintreten oder in diesem mehr aktiv werden und vielleicht selber ein Trainer für jüngere Sportler werden. Man kann auch in anderen Vereinigungen mitmachen, wie zum Beispiel der Wasserwacht oder der DLRG und dort Rettungsschwimmer werden.

Die Möglichkeiten sind schier unendlich, aber der Fakt ist, dass sie alle viel mehr bringen als das ja oft doch sehr sinnlose Durchstöbern des Handys. Natürlich kostet es am Anfang Überwindung, sich in eine bereits bestehende Gruppe zu etablieren, wie zum Beispiel ein Sportteam oder regelmäßig zu üben, statt zu Hause im warmen Bett zu liegen, aber man muss das ganze Bild betrachten. Wie bereits festgestellt, lernt man neue Leute kennen und mit denen kann man auf Dauer ganz sicher viel mehr Spaß haben als daheim auf der Couch.

Eine letzte Anregung, die ich zu dieser Idee habe, ist, anstatt abends im Bett noch lange die letzten Posts zu lesen, vielleicht doch mal wieder ein Buch in die Hand zu nehmen. Es immer wieder faszinierend, was man so alles aus einem guten Buch lernen kann.

Zusammengefasst ist es also durchaus ratsam, sowohl im einzelnen Moment sowie auf die längere Sicht, vom Display aufzuschauen und in der realen Welt mit seinen Mitmenschen zu interagieren.

Im Rückblick wurde mir an diesem Zeitpunkt erst bewusst, wie die Technik unser Leben wirklich verändert hat. Ich empfinde, dass wir viel zu oft das Smartphone und auch Computer nicht benutzen, um uns unser Leben einfacher zu gestalten, sondern es uns nur schwerer machen. Gerade was unsere gesellschaftlichen Werte ausmacht, ist vieles am Zerbröckeln. Was macht für die junge Generation denn heutzutage einen wahren Freund aus? Der, der alle Posts auf Instagram und Facebook ,,Iiked” oder kommentiert, oder der, der immer zu einem steht, aber kein Snapchat Account hat? Für viele wird dies rhetorisch klingen, aber die Wahrheit sieht anders aus.
Viel schlimmer sehe ich aber die schwindende reale Kommunikation von Angesicht zu Angesicht. Muss man sich alle 10 Minuten schreiben, um sich dann am Abendbrottisch anzuschweigen, weil man sich nichts mehr zu erzählen hat?

Auch in der Schule stelle ich immer wieder fest, dass sich einige Mitschüler nicht immer sehr verständlich ausdrücken können oder sehr viele Füllwörter benutzen müssen, anstatt konkret und direkt das rüberzubringen, was ihnen im Kopf vorschwebt. Dafür tippen sie aber 100 Wörter pro Minute in ihre Handys ein, am besten noch, ohne hinzugucken. Natürlich betrifft das nicht die Masse, aber für mich sind das erste Vorreiter unserer neuen Gesellschaft.

An diesem Punkt sollte man sich dann fragen, ob es sich lohnt, unsere gesellschaftlichen Werte teilweise aufzugeben, um Platz zu machen für das neue digitale Leben? Für mich Ist das ganz klar keine Option und deshalb habe ich auch entschieden, wirklich realistisch nachzudenken und abzuwägen, was mir mehr in meinem Leben bringt.

Natürlich fällt auch mir das nicht immer leicht und ich führe kein Leben komplett ohne Technik. Das wäre für mich auch Quatsch. Ich bin ein totaler Technik-Fan und begeistere mich sehr für die neusten Trends. Doch ich habe mich entschieden, meine Geräte nur zu nutzen, wenn sie mir wirklich helfen und Dinge erleichtern. Zum Beispiel führe ich meine Schulnoten in einem Tabellen-Programm, welches automatisch den aktuellen Durchschnitt ausrechnet. Ich benutze Clouds, um Daten schnell mit Freunden zu teilen, nutze mein Handy als Navi und Informationsquelle für unterwegs oder zum Kommunizieren mit Leuten, wenn ich dringende Anliegen habe. Und selbst was die eher nicht so produktiven Dinge betrifft, bin ich nicht ganz strikt. Auch ich verabrede mich manchmal mit Freunden, um abends eine Runde in der virtuellen Spielewelt zu drehen, und auch ich erwische mich ab und zu mal beim sinnlosen Lesen von Facebook Posts, von denen ich 10 Minuten später nicht mehr weiß, was sie beinhalten. Ich denke, dass das auch in Ordnung ist, denn vieles ist okay, solange man es nicht exzessiv betreibt.

Es gibt also sehr viele Möglichkeiten, welche sich einem eröffnen, wenn man auch mal ohne Display auskommt. Schon kleine Momente, in denen man nicht aufs Handy schaut, sondern auf sein Umfeld eingeht, können viel verändern und bewirken. Umso mehr jedoch konsequente Veränderung auf längere Dauer. Man sollte nicht die Technik komplett vergessen und ignorieren, aber sich nicht in ihr verlieren. Es gibt so viele andere Tätigkeiten und Hobbies, die sich ergeben können, wenn man sich auf etwas Neues einlässt. Und daraus können wiederum neue Freunde und Erlebnisse hervorgehen.

Und ist es nicht auch genau das, was uns Menschen ausmacht? Das Gemeinsame und die Freundschaften untereinander?

Der erste Schritt ist immer der schwerste und so ist es auch mit dem Start zu dieser Alltagsveränderung. Aber ich denke nicht, dass ich am Ende meines Lebens bereuen werde, dass ich zu wenig Whatsapp-Videos verschickt oder zu wenig Computerspiele gespielt habe. Vielmehr werde ich mich mit einem Lächeln an die schönen Erlebnisse erinnern wollen, welche ich mit meinen wahren Freunden gemacht habe und an die fabelhaften Personen, welche mich mein Leben über begleitet haben.