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Aus der Laudatio zur Preisverleihung 2002

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Die Laudatio hielt Jurymitglied Mario Tumm.

Darin heißt es: "Liebe Schülerinnen und Schüler, (...)Noch nie haben sich so viele Schüler aus so vielen verschiedenen Schulen des Landkreises am Daniel-Sanders-Sprachpreis beteiligt, noch nie gab es eine so breite Fächerung und gute Qualität aller eingereichten Arbeiten. Und dass, obwohl im vergangenen Jahr wegen der geringen Resonanz schon fast ein Ende des Preises befürchtet worden war. Es gibt also einen deutlichen Sprung nach vorn, und daran haben Sie, habt Ihr natürlich den größten Anteil.
Die Fähigkeit zu klarem und unmissverständlichem Ausdruck sah Daniel Sanders als eine wichtige Eigenschaft an, die die jungen Leute vor allem in der Schule lernen sollen. Dass das offensichtlich auch über 100 Jahre nach seiner Zeit aktueller denn je ist, beweisen nicht nur Fachleute und Politiker, deren Äußerungen oft sehr unverständlich sind. Auch die Jugendlichen selbst haben sich immer mehr an ein Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch und eine künstliche Kurzsprache in SMS und Chaträumen gewöhnt, die für alle "älteren Semester" ein Buch mit sieben Siegeln darstellt. Es kommt zu der Befürchtung, dass die heutige Jugend – welche Gefahren eine solche Verallgemeinerung auch immer birgt – sich außerhalb ihrer Generation wohl kaum noch verständlich machen kann. Damit würde vielleicht noch der von Daniel Sanders geforderte Mut da sein, sich in den demokratischen Prozess mit einer deutlichen Meinungsäußerung einzubringen, eine Verständlichkeit und somit eine Beachtung dieser aber sehr fraglich werden.
Liebe Schülerinnen und Schüler, Ihr alle habt bewiesen, dass Ihr nicht zu den eben beschriebenen Jugendlichen gehört. Sicher verschickt Ihr auch Kurznachrichten auf dem Handy und diskutiert im Internet. Aber Ihr seid auch in der Lage auf den anderen Klaviaturen der deutschen Sprache zu spielen.
Anlass und Adressat sollen den Stil und den Ausdruck bestimmen. Auf dem Handy an den besten Freund zu schreiben ist etwas ganz anderes, als vom Ministerpräsidenten mehr Geld für die Bildung zu fordern oder in der Schülerzeitung über ein Ereignis zu berichten.

Nachdem im vergangenen Jahr der einzige Preis an einen Hauptschüler vergeben wurde, hat sich aus dieser Schulart in diesem Jahr niemand beworben. Das ist sehr schade.

Fünf Arbeiten gab es dagegen aus Realschulen. Wie in jedem Jahr stellt die Holzendorfer Schule auch diesmal mit vier Bewerbern den größten Anteil. Ein Liebesbrief, wie ihn Ralf Korpalski aus Schönhausen zu Papier gebracht hat, gehört sicher zu den schwierigen Aufgaben. Er schafft es aber, sich frisch und wirklichkeitstreu auszudrücken. Ob dieser Brief tatsächlich abgeschickt wurde? Er hätte sicher Erfolg gehabt. Markus Dulitz aus Groß Miltzow wirbt in seinem Brief an den Freund mit eigenen und ganz angemessenen Worten darum, einen weiteren Jungen mit in die Freundschaft aufzunehmen. Das überzeugt.

Besonders kurz, präzise und treffend aber ist die Rede von Katharina Scharff aus Schönhausen zum Schulabschluss. Sie versteht es, durchweg einen roten Faden zu halten, indem sie die Anrede "liebe Eltern, Lehrer und Mitschüler" im Verlauf ihrer Rede mit Beispielen untersetzt und die verschiedenen Sichten auf die lieben Lehrer, lieben Eltern und lieben Mitschüler anschaulich herausarbeitet. Ihre Sprache entspricht dabei sehr gut dem konkreten Adressaten, ist nicht gestelzt und wirkt jugendlich frisch. Der Daniel-Sanders-Sprachpreis im Bereich Realschule geht deshalb in diesem Jahr an Katharina Scharff von der verbundenen Haupt- und Realschule Woldegk, Außenstelle Holzendorf.

(...) Von insgesamt 19 Schülerinnen und Schülern aus sieben verschiedenen Gymnasien liegen in diesem Jahr Einzelarbeiten vor. Manche haben mehrere Texte eingereicht. Die Palette der Arbeiten reicht von Beiträgen für die Schülerzeitung, über Essays, Theaterrezensionen, Briefe an Politiker bis zu Interviews, Reden und Bewerbungen. Alle Arbeiten waren von hoher sprachlicher Qualität, zeugten von der intensiven Arbeit am Thema. Einige Texte sind aber sicher etwas zu lang - es lässt sich auch viel auf nur zwei Seiten sagen, vor allem, wenn sich die Schreiber an junge Leute wenden. Nicht einfach war es, aus der Fülle der guten Texte die besten herauszufiltern. Mehrere kamen in die engere Wahl der Jury: Julia Blohm aus Hartwigsdorf meisterte eine schwierige und emotionale Situation, als sie einen fiktiven Brief nach dem Tod ihres Katers zu Papier brachte. Die Autorin schafft es gekonnt, den Leser zunächst an den Verlust eines Menschen glauben zu lassen, erst zum Schluss wird das Geheimnis gelüftet. Überzeugend, aber nicht überzogen, sind die Gefühle und Gedanken beschrieben. In ihrer Bewerbung um ein Auslandsstipendium in den USA schreibt Elisa Geyer aus Hohenzieritz sehr schlüssig eine Selbstdarstellung für die Auswahlkommission. Sie schafft es, ihr Bild über die USA ehrlich und wirklichkeitsgetreu zu umreißen, dazu ihre Sicht zwischen Klischee und Offenheit für Neues. Über ihre innersten Gefühle nach dem Terroranschlag in New York schreibt Franziska Holm aus Wesenberg. Treffend und einfühlsam schildert sie die Stimmung bei ihr zu Hause, die Gefühle der Familie und die eigenen Gedanken. Einen "Europatag" lässt Anna Kopperschmidt aus Wendorf für die Leser der Schülerzeitung erlebbar werden. Anschaulich schildert sie die verschiedenen Aktivitäten in der Schule, lässt den Ablauf erlebbar werden und gibt Meinungen von Beteiligten detailliert wieder. Dazu ist ihr Text flüssig geschrieben und passgenau.

An ein ganz anderes Genre wagte sich Colin Frank Barthel aus Rowa. Er verpackte eine Fülle von Informationen über die Schriftstellerin Anna Seghers in ein fiktives Interview, eine originelle Form für ein Schulreferat. Anlass war der Roman "Das siebte Kreuz". Mit enormen Fleiß trug er eine umfangreiche Wissenssammlung über die Schriftstellerin zusammen. Das Ergebnis ist nicht nur gut zu lesen, es gewinnt sogar durch die sehr knappen Antworten der Anna Seghers zusätzlich an Authentizität. Nicht anders hat es die Autorin in wirklichen Interviews gehalten. Es gelingt dem Autor hervorragend, die Zeiten und Ebenen von Schriftstellerin und seinem Publikum heute miteinander ins Gespräch zu bringen. Darüber hinaus sind die Fragen und Antworten sehr sorgfältig formuliert, ohne Anbiederung an die Jugendsprache oder die literatursprachlichen Quellen. Der Verfasser schafft für seinen Anlass und seine Zuhörer eine eigene und hundertprozentig passgenaue Sprache. Für die Jury ein Pluspunkt am Rande: Meist sind Mädchen fleißiger. Colin Barthel vom Ernst-Alban-Gymnasium Neubrandenburg hat das eindrucksvoll widerlegt. Er ist mit seinem Interview der Preisträger in der Kategorie Gymnasien in diesem Jahr. (...)

Etwas Ungewöhnliches, etwas ganz Anderes befindet sich auch unter den diesjährigen Arbeiten: Das gemeinsame Projekt von 22 Schülern einer 11. Klasse des Neuen Friedländer Gymnasiums. Sie haben eine Fotoausstellung unter dem Thema "Zu Hause in Friedland" gestaltet. Zu seinen Bildern schrieb jeder Schüler einen Begleittext, begründete die Auswahl der Motive und beschrieb die eigenen Gedanken. Diese Zusammenstellung hat die Jury sehr beeindruckt, steckt doch darin viel kreatives Denken und engagierte Arbeit, die in dieser Form außergewöhnlich für junge Leute sind. Allerdings ist eine Bewertung der Arbeiten nicht ohne Probleme möglich, denn jeder Text ist anders, alle aber gehören zusammen und die Fotos dazu.