Stadt Neustrelitz ehrt verdienstvollen Naturschützer, Künstler und Einwohner
Die neue Straße im entstehenden Wohngebiet zwischen Höhenstraße und Karbe-Wagner-Straße wird Walter-Gotsmann-Straße heißen. Die Stadtvertretung folgte auf ihrer Sitzung am 21. Oktober mehrheitlich diesem Vorschlag der Stadtverwaltung.
Der Name des Malers, Lehrers und Naturschützers Walter Gotsmann (1891-1961) ist mit der Strelitzer Kultur- und Landesgeschichte auf das Engste verbunden. Gotsmann steht in einer Reihe mit verdienstvollen Neustrelitzer und Mecklenburg-Strelitzer Heimatforschern, wie Walter Karbe und Annalise Wagner. „Das Wesentliche an der Persönlichkeit Gotsmanns war seine enge Verbundenheit mit der Natur und seine Liebe zur Heimat, sowie sein Einsatz für die Erhaltung und Pflege ihrer Werte zum Wohle der Allgemeinheit.“, schrieb Annalise Wagner 1966 in einer Erinnerung an den langjährigen Freund und Weggefährten.
Als Sohn des Lehrers Wilhelm Gotsmann am 8. Januar 1891 in Granzow geboren, besuchte Walter Gotsmann von 1905 bis 1910 das Lehrerseminar Mirow, wo er eine Ausbildung zum Volksschullehrer erhielt. 1910 wurde er Neulehrer in Neucanow, später Lehrer an der Realschule und am Gymnasium Carolinum in Neustrelitz, ab 1922 war er dort und am Lyzeum Zeichenlehrer. 1931 legte Gotsmann die Staatsprüfung als Zeichenlehrer für Höhere Schulen ab und wurde während des zweiten Weltkriegs zum Dozenten für Kunstgeschichte an der Neustrelitzer Volkshochschule berufen.
Schon in jungen Jahren hatte sich, nicht zuletzt durch Kurse bei Professor Licht in Stargard, sein besonderes künstlerisches Talent als Zeichner und Landschaftsmaler offenbart. Gotsmann besuchte Kunstakademien in Berlin, Stuttgart, München und Leipzig. Er war mit Künstlern aus Worpswede, wie den Modersohns und Heinrich Vogeler, bekannt, die ihn förderten, und wurde künstlerisch von Hans Thoma ermutigt.
Seine Motive suchte und fand er in der Umgebung von Neustrelitz und Feldberg sowie in der Tollenselandschaft. Er beschäftigte sich darüber hinaus auch wissenschaftlich mit den Zusammenhängen in Natur und Landschaft, war Ornithologe, Botaniker und Naturführer. Der universal gebildete Heimatforscher, Archivar und Bibliothekar Walter Karbe hat ihn tief geprägt.
Naturschutz als Lebensaufgabe
1947 wurde Gotsmann zum ehrenamtlichen Kreisbeauftragten für Naturschutz berufen. „Da in den Kriegsjahren und Notzeiten danach sich die Notwendigkeit ergab, für den Schutz der Natur einzutreten, legte der Maler Zeichenstift und Pinsel beiseite, weil er erkannte, dass es notwendiger sei, Bäume zu pflanzen und die Landschaft zu schützen und zu pflegen, als sie zu malen.“, schrieb Annalise Wagner. Gotsmann vertrat intensiv die Interessen der Natur gegenüber Verwaltungen, Forstbetrieben und im Kulturbund. Er beschäftigte sich auch mit Geologie, Landschaftspflege, biodynamischen Wirtschaftsweisen und Pflanzensoziologie.
Große Bedeutung maß der Kreisnaturschutzbeauftragte Gotsmann dem Landschaftsschutz zu. Sein Verdienst war es unter anderem, dass der damalige Kreis Neustrelitz eine vorbildliche Zeltplatzordnung erhielt. Gotsmann erreichte die Ausweisung von 200-Meter-Schutzstreifen um Erholungsseen, zum Beispiel an der Domjüch, am Labussee und Hinnensee. Er setzte sich für die Ausweitung der bestehenden Landschaftsschutzgebiete „Tollensesee und Lieps“ sowie „Feldberger Seen- und Endmoränenlandschaft“ ein. Ihm waren neue Schutzgebiete zu verdanken, wie das LSG „Seendreieck bei Fürstensee“ und das Großlandschaftsschutzgebiet „Obere Havelgewässer“. Ab 1952/53 leitete er die Natur- und Heimatfreunde in Neustrelitz. 1959 gründete er die Arbeitsgemeinschaft für Botanik und Dendrologie im Bezirk Neubrandenburg. Sein Wissen, seine Natur- und Heimatliebe vermittelte er auf vielen Exkursionen. Er gab einen Wanderkatalog für Schulen und, zusammen mit Walter Karbe, mehrere Wanderhefte heraus. Die Aufzählung beispielhafter Naturschutzarbeit Walter Gotsmanns ließe sich weiter fortsetzen.
In einem Nachruf auf den am 18. Juli 1961 in Neustrelitz verstorbenen Walter Gotsmann schrieb Lebrecht Jeschke, später einer Väter des 1990 beschlossenen Nationalparkprogramms im Osten Deutschlands:„Es ist nicht schwer zu sagen, wo der Schlüssel zu diesen Erfolgen liegt. Wohl sind es tiefe Liebe zu seiner Heimat, die Standhaftigkeit und der Mut eines lauteren Charakters und die persönliche Opferbereitschaft, denen Achtung und Anerkennung gezollt werden müssen. Er war ein vorbildlicher Mensch.“
Im Karbe-Wagner-Archiv (KWA) im Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz werden Leben und Werk von Walter Gotsmann umfangreich dokumentiert. Das KWA bewahrt seinen gesamten bildnerischen und schriftlichen Nachlass, den die Familie der Stadt Neustrelitz übereignet hat. Anlässlich seines 60. Todestages ehrte das Kulturquartier Gotsmann vor wenigen Monaten mit einer Sonderausstellung, an der sich heutige Künstler aus der Region mit Motiven „seiner“ Landschaften beteiligten.
Auf den Grundstücken in der Walter-Gotsmann-Straße werden bald 15 Wohnhäuser entstehen. Beim Namensgeber ihrer neuen Adresse können die Eigentümer sogar Anregungen für die eigene Gartengestaltung finden. Gotsmann hatte Haus und Garten in der Neustrelitzer Mühlenstraße. Unter dem Einfluss der Ideen des Staudenzüchters und Gartenphilosophen Karl Förster gestaltete er dort einen reich blühenden Staudengarten.