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Glasmalerei der Schlosskirche Neustrelitz rekonstruiert

Darstellung des Erzengels Michael schmückt Altarkuppel

Mit dem Einbau der rekonstruierten Bleiglasmalerei im Oberlicht des Altarraums ist in der Schlosskirche der Bau-und Restaurierungsabschnitt 2016-2021 erfolgreich abgeschlossen. Die offizielle Präsentation der Glasmalerei am 14. August war der Höhepunkt auf einer Dankeschön-Veranstaltung der Stadt Neustrelitz für alle an den Baumaßnahmen Beteiligten.

Die Berliner Glaskünstlerin Christiane Mergner hat die Darstellung, in dessen Zentrum der Erzengel Michael steht, nach allen Regeln traditionellen Kunsthandwerks aus 190 farbigen Glasteilen originalgetreu rekonstruiert. Verwendet wurde echtes farbiges Antikglas aus einer bayerischen Glashütte. Die Künstlerin arbeitete mit einem mehrstufigen Mal- und Brennverfahren einer 1000 Jahre alten Technik. Das Bild hat einen Durchmesser von 1,30 Metern. Dem meisterhaften Ergebnis in der Kuppel des Altarraumes, das Besucher jetzt bewundern können, ging ein Jahr akribischer Recherchen voraus. Dass die Stadt Neustrelitz das Projekt überhaupt in die Wege leiten konnte, ist einem großzügigen Spender zu verdanken, durch den die Rekonstruktion erst finanzierbar wurde.  

Das Original des Bildes war 1860 von Stephan Kellner, der aus einer bekannten Nürnberger Glasmaler-Familie stammte, für die Schlosskirche geschaffen worden. Wann und wie es später verloren ging, ist unbekannt.
Für die Rekonstruktion konnte zunächst wenig mehr als ein historisches Foto aus der Entstehungszeit der Kirche und einige schriftliche Quellen zur Stadtgeschichte zurate gezogen werden. Projektleiter Martin Cords vom Hoch- und Tiefbauamt der Stadt schrieb außerdem an 14 Institutionen und Archive in ganz Deutschland, um sachdienliche Hinweise rund um die Entstehung der Glasmalerei oder den originalen Cartoon zu erhalten. Ein erster Hinweis zum Künstler und wichtige Beschreibungen des Originalmotivs fanden sich im „Fremdenführer für Neustrelitz und Umgebung“, herausgegeben 1926 von Otto Wagner. Dort heißt es: „Im Zenit der Kuppel ist an der Stelle des Schlußsteins ein mit herrlicher Glasmalerei geschmücktes kreisrundes Fenster angeordnet, Engel einen Lindwurm tötend. Die ganze Komposition ist außerordentlich poetisch empfunden. Wie alle Einzelheiten, so verbinden sich auch die herrlichen Glasmalereien, sämtliche nach Cartons von Wanderer und Kellner=Nürnberg gezeichnet und ausgeführt, mit der ganzen Raumkunst des Innern zu schöner Harmonie.“ In der „Festschrift zur 100-Jahr-Feier“ der Kirche erinnerte Baurat Erich Brückner: „Im steinernen Gewölbe des hochgereckten Baldachins ist im Oberlicht als Glasmalerei der siegreiche Kampf des Erzengels Michael droben im Himmel mit dem Drachen, der alten Schlange dargestellt…“

Anhand dieser Anhaltspunkte und vergleichender Recherchen zu anderen Arbeiten christlicher Ikonografie aus der Manufaktur Stephan Kellners entstanden zunächst vier Entwürfe. Bildbeispiele fanden sich unter anderem in den Motiven von vier Bleiglasfenstern der Schlosskirche, die ebenfalls von Kellner stammten. Auch in der Nürnberger Werkstatt geschaffene Bilder aus der Kirche Heilig-Kreuz in Rottweil lieferten wertvolle Hinweise. Der schließlich umgesetzte Entwurf wurde in fachlich enger Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte, der Stadt Neustrelitz, der Glaskünstlerin Christiane Mergner und der Entwurfskünstlerin Ellen Lindner entwickelt. Die theologische Bedeutung steht in engem Zusammenhang zu den Engel-Darstellungen der bislang in Teilen freigelegten Wandmalerei im Altarraum.

Die rekonstruierte Bleiglasmalerei ist in diesem Jahr noch bis zum 3. Oktober 2021 im Rahmen der Ausstellung „Wotruba- Menschenbild und Architektur“ in der Plastikgalerie Schlosskirche Neustrelitz öffentlich zu sehen. Die Schlosskirche ist dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 4 Euro, ermäßigt 2 Euro, Kinder und Jugendliche bis 17 Jahren haben freien Eintritt.