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Aus der Laudatio zur Preisverleihung 2009

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Die Laudatio hielt Jurymitglied Christoph Poland

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Bürgermeister und Stadtvertreter,

Liebe Schülerinnen und Schüler

"Wie schreib ich einen guten Stil?
So fragt den Meister der Geselle. Kein Wort zu wenig, keins zuviel.
Und jedes an der rechten Stelle."

Der Mann, der diesen gelungenen Spruch verfasste, wird mit der heutigen Preisvergabe zu seinem 112. Todestag geehrt.

Die Stadt Neustrelitz vergibt nach zehn Jahren Wettbewerb heute zum achten Mal den Daniel-Sanders-Sprachpreis für Schüler im Landkreis Mecklenburg-Strelitz.

Die erste Daniel-Sanders- Kulturpreisträgerin Frau Prof. Ulrike Hass rief ihn ins Leben mit dem Ziel, junge Menschen einzuladen, aufzufordern mit ihrer Sprache umzugehen, Inhalten und Gedanken die rechte sprachliche Form zu geben.

Dazu schrieb Sanders 1872 in seinem Buch "Hauptschwierigkeiten in der Deutschen Sprache":

„Es giebt im Deutschen, wie in jeder noch in lebendiger Fortentwicklung begriffenen Sprache, unberührt von den allgemein anerkannten Regeln, die allen Gebildeten geläufig und vertraut sind und gegen die sie deshalb niemals verstoßen werden, eine nicht geringe Anzahl von Fällen, in denen sich der Sprachgebrauch noch nicht … fest gestellt hat und in denen das Schwanken bei Gebildeten und selbst bei Schriftstellern eine Unsicherheit erzeugt, ob die in einem bestimmten Fall nebeneinander vorkommenden Formen und Ausdrucksweisen gleich berechtigt sind oder welche die richtigere oder vielleicht die allein richtige sein dürfte.“

Daran hat sich nicht viel geändert und die Jury trägt dem Rechnung, weil auch Sanders' Stilideal die Forderung nach sachgemäßem und korrektem Gebrauch enthält. Die Jury hat dies in den eingereichten Arbeiten entdecken können. Was uns aber fehlte, finden wir in der Fortsetzung bei Sanders wie folgt: "sorgfältig gefeilt" und "durchsichtig klar" sollte die Sprache sein.

Die eingereichten Arbeiten waren nicht alle fehlerfrei, klar und gefeilt, dass sie Sandersschem Stil entsprochen hätten.

In diesem Jahr standen sieben Arbeiten zur Bewertung an. Leider musste eine gleich aussortiert werden -es war ein Gedicht, also nicht der Ausschreibung entsprechend.

So blieb in der Kategorie „Regionale Schule Klasse 8-10“ eine Arbeit zu bewerten, die der Jury eine Anerkennung wert war, auch wenn sie nicht hundertprozentig den oben benannten Anforderungen an Stil und deutsche Sprache entspricht.

Die Erzählerin vermittelt gut, wie sie ihren Lieblingsort fühlt, sie wollte neugierig machen und hat das geschafft mit Sätzen wie: "Die kahlen Äste bewegen sich sanft hin und her. Es sieht aus, als ob die Bäume atmen, sich etwas zuflüstern" oder wie "gesunde Luft den Körper erobert" und "manchmal bekommt man ein zartes Reh mit seinem Neugeborenen zu sehen".

Es gibt eine Anerkennung, herzlichen Glückwunsch Rica Gilgenast aus Grammertin, Schülerin einer 8. Klasse der „Jawaharlal-Nehru-Schule Neustrelitz.

„Spät am Nachmittag gehe ich langsam die alte Straße in unserem Dorf entlang. Die großen und kleinen Pfützen sehen aus, als hätten sie keinen Grund und ihre matschigen Ränder wirken als würden sie in den dunklen Abgrund rutschen, wenn ich näher komme. Also suche ich mir einen Weg, der weit um die vielen Pfützen führt. Ich zittere innerlich ein wenig und es kommt mir vor, als würde ich nur ganz wenig vorankommen. Endlich lasse ich die dicht stehenden Häuser hinter mir und sehe nur weit entfernt hinter einer Brücke ein einzelnes Haus. Schon bald taucht hinter einem halb zerfallenen Zaun, der nur noch aus ein paar morschen Pfählen und herunter gedrücktem Draht besteht, eine dicht und wild bewachsene Wiese mit einigen großen Bäumen.“

So beginnt Sophie Möller ihren erlebnisstarken Weg zu ihrem Lieblingsort, "einem großen alten Baum", der sie zu wunderschönen Glücksmomenten und Gefühlen bringt und diese aufbrechen lässt.

Ulrike Erben schließt an ihrem Lieblingsort die Augen, spürt der Vergangenheit nach und erlebt den Fallada-Garten in Carwitz "als scheinen die Kinder dort zu spielen" oder den "Geschichten aus der Murkelei" zu lauschen, die der Vater Hans, am Bienenhaus unter dem großen Apfelbaum sitzend, ihnen gerade erzählt.

„Die Sonne lässt den See funkeln und ihre Strahlen bilden Gestalten, die auf der Oberfläche tanzen. Voller Lebensfreude und ausdrucksvoll schweben sie auf dem Wasser. Ich schließe meine Augen, höre das Plätschern des Wassers und spüre meine innere Seele. Es ist, als würde sich Hans Fallada gleich neben mich setzen und eine weitere wunderbare Geschichte erzählen. Ich kann sehr gut nachvollziehen, wie man so kreativ wie er sein kann, wenn man die Möglichkeit hat, so nah und vertraut mit der Natur verbunden zu sein. Ich denke, seine Kinder hatten hier äußerst viel Spaß und lebten sehr unbeschwert in dieser herrlichen Umgebung.Der Wind bringt die Schaukel zum Schwanken. Es scheint, als lebe der Geist der Kinder immer noch hier und habe seine Freude am Spielen. Große saftige Äpfel hängen am Baum, der neben der Schaukel wächst.“

Beide Schülerinnen sind in der 8.Klasse am Gymnasium Carolinum Neustrelitz und erhalten je eine Anerkennung in der Kategorie „Gymnasium Klasse 8-10“, weil sie gleich gut sind, aber auch zu - ich zitiere - "phrasenhafter Schönrednerei" neigen, die Sanders nicht einmal Künstlern zugestand, als er über Stilideale schrieb.

„Ein Panoramablick über diese Erde zeigt sie uns von ihrer schönsten Seite: Kerngesunde, munter wachsende Gletscher und Eisberge schieben sich frohlockend durch Täler und Buchten und tragen mit mehreren tausend Tonnen Eis direkt vor der Haustür zur Klimawandel-Diskussion bei. Das Ozonloch ist erfolgreich geflickt, verleimt und vernietet. Die Antibiotika im Fleisch sind endlich so klein, dass sie beim Essen nicht mehr an den Zähnen knirschen. Umweltfreundliche Energien haben ihren Siegeszug angetreten: Solarkartelle haben Australien gekauft und komplett mit Silizium überzogen. Allein das hübsche Funkeln, vom Weltraum aus gesehen, sei es wert gewesen, konstatiert die NASA. Die CIA leugnet, dass ein Staat namens "Australien" je existiert habe, löscht sämtliche darauf hindeutende Wikipedia-Artikel und schiebt die Verbreitung solcher Gerüchte dem FBI in die Schuhe, woraufhin das FBI seine eigene Existenz vehement abstreitet.“

Mit Ironie und komprimierten Gedankengängen gibt uns diese Arbeit Einblick in eine jugendliche Gedankenwelt, die offenbar alles, was so passiert, mitbekommt, reflektiert und mit dem Abstand des Schreibers scharf analysiert.

Ein großes Lesevergnügen! Benjamin Sasse hat mit seinem Jahresrückblick und der Vorschau Sehnsüchte preisgegeben und die Botschaft vermittelt. dass Frieden das Wichtigste ist, beim Heimweh nach der Zukunft.

Herzlichen Glückwunsch zum Daniel Sanders Preis in der Kategorie Gymansium Klasse 11/12 und Berufliche Schule“. Und, Benjamin, nimm für Dich mit: hervorragend geschilderte kluge Gedanken, sauber und treffend formuliert, wie Sanders oben verlangt, sorgfältig gefeilt und fehlerfrei.

Schade, dass die anderen Arbeiten zu sehr als Prospekt und Reflexion über den Lieblingsort oder den Begriff an sich geschrieben waren. Danke trotzdem Martin Krtschil und Franziska Runge.

Aus den lobenden und kritischen Beurteilungen mag jeder wählen oder seine Arbeit einordnen.

Vielen Dank Euch allen für die eingesandten Arbeiten. Danke auch an die Lehrer der beteiligten Schulen, denn ihr Engagement, ihr Wahrnehmen dieses Preises führt auch zu stärkerer Beteiligung. Denn wie sagte doch Sanders 1852 während der Abschiedsrede zur Schließung der jüdischen Freischule:

"An der wunderbaren Entwicklung des jugendlichen Geistes, an dem freudigen Ringen und Wetteifer der jungen Kräfte habe ich mich freudig gestärkt, habe meinen Geist verjüngt, habe ihm Elastizität bewahrt, die vor allem dem Jugendbildner notwendig ist.